EDIT 24/01/21: Der folgende thread wächst gerade zu 'nem veritablen Bandwurm heran. Zentrales Thema ist die Brennweite des Hauptspiegels. Wir haben uns jetzt vorerst auf ca. 650 mm geeinigt. Die 'restliche' Brennweite kommt wohl vom Korrektor. Wir bleiben am Ball...
Hallo zusammen!
Ich habe im Sommer letzten Jahres einen Katadioptrischen Newton günstig erworben und versuche z. Z. das Gerät vernünftig ‚ans Laufen zu kriegen‘. Natürlich habe ich deshalb fleißig ‚gegoogelt‘ und auch was rausbekommen - aber das erscheint mir teilweise widersprüchlich bzw. falsch. Um das Teleskop richtig nutzen zu können, muss ich erstmal verstehen, was ich denn da überhaupt habe. Da ich mich mit der Materie nicht wirklich auskenne, hoffe ich hier auf Eure Hilfe - vielleicht weiß ja jemand was Genaues oder kann meine Denkfehler korrigieren?!
So, das ist das Ding:
Es handelt sich um einen Bresser blue line 153/1300 (Art.Nr. 47-2000). Das Teleskop wurde von Towa hergestellt und findet sich im Towa-Katalog von 1995 als CT-75 bzw. CT-70 auf Seite 14. Beide Varianten unterscheiden sich in Stativ, Montage und entprechend im Preis.
http://yumarin7.sakura.ne.jp/retrokan/Towa1995.pdf
Vom Konzept her handelt es sich um einen Newton mit sphärischem Spiegel und einem Linsensystem im Auszugsrohr (s. Skizze im Katalog). Der Fangspiegel ist in einer Glasscheibe aufgehangen, die den kurzen Tubus frontal abschließt. Der Hauptspiegel ist nicht justierbar.
Towa bot Teleskope verschiedener Größen bzw. Ausführungen dieses Konzepts an, die auch unter anderen Marken wie Revue, Danubia, Eschenbach etc. in verschiedenen Ausführungen verkauft wurden. Insgesamt - bis auf wenige Ausnahmen - werden diese Geräte im Netz allgemein als ‚Gurken‘ verunglimpft und mit zeitgenössichen katadioptrischen Newtons in einen Topf geworfen.
Darüber hinaus liest man immer wieder, dass es sich bei dem Korrektor-Element im Okularauszug um einen Jones-Bird-Korrektor handelt - und genau da habe ich meine Zweifel! Beim Bird-Jones-Layout befindet sich ein Korrektor unmittelbar vor dem Fangspiegel und nicht im Okularauszug. Außerdem verlängert der Korrektor die Brennweite. Aus einem kurzbrennweitigen sphärischen Spiegel wird so ein Newton mit langer Brennweite in einem verhältnismäßig kurzem Tubus.
https://sites.google.com/a/ase…-s-site/scopes/jones-bird
https://docs.google.com/a/asem…neDoyNjhjOTQyMDVjYWNjYWEx
Wenn ich das alles richtig deute, dürfte das Mizar CX-150 (bzw. Tasco 16 T) so ein Gerät sein.
http://www.mystarrynights.at/tst/Tasco%2016T/
Vergleiche ich die Abbildungen zu diesem Teleskop mit meinem Gerät, fällt auf, dass der Tubus beim Towa deutlich kürzer ist. Das sagt aber noch nixx! Allerdings stellte sich mir die Frage, wie man 1300 mm Brennweite in so‘n kurzen Tubus kriegt?
Ich habe daher erstmal versucht, die Brennweite meines Spiegels zu ermitteln: Bis zu einer Entfernung von ca. 1100 - 1200 mm kann ich das Ding wie einen Rasierspiegel nutzen, um 1300 mm sieht man nur Matsch, dahinter steht alles Kopf.
Um das zu belegen, zeig ich hier zwei Fotos:
Zunächst mal der 'Versuchsaufbau': Spiegel auf den Boden gelegt, Kamera mit Stativ darüber, Höhe per Zollstock
Und hier eines der Bilder aus ca. 1,1 m Entfernung zum Spiegel im Detail:
- die Spiegelhalterung ist unscharf / das virtuelle Bild 'hinter' dem Spiegel ist hingegen scharf
- die Kamera spiegelt sich vergrößert, aufrecht und seitenverkehrt
Wenn der Spiegel also bis zu 1,1 - 1,2 m Entfernung ein vergrößertes, aufrechtes und seitenverkehrtes Bild liefert, dann muss das Objekt noch innerhalb der Brennweite liegen. Diese muss somit mehr als 1,2 m betragen. Entsprechend gehe ich davon aus, dass der Spiegel eine Brennweite von 1,3 m aufweist, wie es ja auch für das Teleskop angegeben ist. Diese Angaben beziehen sich aber demnach nur auf den Spiegel!!
Bleibt noch die Brennweite des gesamten Systems - also grob vom Hauptspiegel über den Fangspiegel bis zum Okular. Da komme ich per Zollstock auf 67 cm (HS-FS 44 cm + FS-max. Ende Auszugsrohr 23 cm). Kurz davor sollte der Brennpunkt sein. Ich gehe also grob von einer Gesamtbrennweite von etwa 65 cm aus. Für 'nen 1300er Spiegel fehlen demnach weitere 65 cm! Der Korrektor muss also die Brennweite verkürzen!!
Wenn meine Überlegungen richtig sind, handelt es sich bei dem Towa Katadiopter um ein Teleskop mit langbrennweitigem spärischen Spiegel, dessen Brennweite per Linse(n) reduziert wird - quasi ein schneller Newton mit langsamem Spiegel. Dann kann es aber auch kein Jones-Bird-Layout sein, wo bei einem schnellen Spiegel die Brennweite verlängert wird - die Bildkorrekturen bei beiden Systemen lass ich mal außen vor.
Um was für ein System es sich beim Towa handelt, weis ich nicht. Vielleicht handelt es sich um einen Korrektor nach Gebelein?
entweder sowas: https://www.freepatentsonline.com/4881801.pdf
oder sowas: https://www.freepatentsonline.com/4718753.pdf
Tja, soweit meine Überlegungen. Für mich ergeben sich aus alldem aber noch Fragen:
- Hab ich irgendwo 'nen Denkfehler???
- Wie berechnet man die Vergrößerung von so‘nem System? Zählt hier nur der letzte Lichtkegel?
- Lässt sich der Aufbau des Korrektors zerstörungsfrei (!!) ermitteln?
Erstmal vielen Dank für‘s Lesen. Ich bin für jeden Hinweis dankbar (auch Handbücher, Kataloge etc.)!
schönen Gruß
Christof