Liebe Refraktorliebhaber,
Ab und zu tauchen sie immer mal wieder auf: Die alten Kosmos Wachter Refraktoren, die in den 60 er - 70er Jahren des vorigen Jahrhundert für die damaligen Sternfreunde das non plus ultra bedeuteten, nach denen man Kataloge wälzte und die doch für die meisten damals unerschwinglich blieben. So ein Schätzchen lief mir also über den Weg und ich konnte nicht widerstehen ! Ein Kosmos Wachter FH 125 / 1250 mm Refraktor auf einer Kosmos 2 Montierung mit Metalldreibeinstativ. Als Zugabe waren noch Okularrevolver mit 4 Okularen, dem 60 mm Schraubokular und ein Herschelprisma mit dabei.
Lange Zeit wurde mit diesem Oldie nicht beobachtet und bedingt durch die lange Lagerung in einem Speicher war der äußerliche Zustand daher nicht besonders vertrauenserregend.
Immerhin befand sich das Gerät im Urzustand, war also unverbastelt. Die Metallteile waren von einer dicken gelb-braunen Schicht ? überzogen, die die graue Hammerschlagfarbe hartneckig überzog.
Zu meinem Erstaunen funktionierte der 220 Volt Motor mit Spezialstecker sofort einwandfrei und mit einem leisen Surren setzte sich die Montierung in Rektazension einwandfrei in Bewegung. Alle beweglichen Teile wurden nun gereinigt und gegebenenfalls neu gefettet. Das zur Korrektion angebaute Planetengetriebe hatte zu viel Spiel, die Deklinationsverstellung wurde auseinandergebaut und funktioniert mittlerweile wieder leichtgängig. Das Gegengewicht war festgerostet und der Rostlöser musst 2 Tage arbeiten um es wieder freizugeben.
Als letztes wurde die Oktik bzw. die Rohrmechanik überholt. Die Objektivfassung war nicht mehr stabil mit dem Rohr verbunden. 2 Schrauben waren durchgedreht so dass das schwere Objektiv je nach Lage etwas verkippte und so bei der Beobachtung die Justierung nicht mehr stimmte. Je nach dem wie man das Fernrohr richtete hatte ein Stern manchmal einen komaartigen Schwanz, beim Umschlagen der Montierung war er plötzlich einwandfrei punktförmig.
Die betreffenden Schrauben wurden durch 1 mm stärkere Schrauben ersetzt. Eine Nachprüfung mit meinem Kollimator zeigte eine gute Justierung, also mußte sich dies auch am Sternenhimmel zeigen.
Porrima: 2" Distanz: Beide weißen Sterne wurden lehrbuchmäßig bei V 150 - 210 fach getrennt mit je einem Beugungsring.
Epsilon Lyra: Beide Doppelsterne sind weit und sauber getrennt. Die dazwischen liegenden 2 schwachen Sterne konnten aus der Stadt heraus nicht erkannt werden. Hier kann nur ein dunkler Landhimmel helfen.
Doppelstern im Bootes: Der Helle Stern mit schwachem engen blauen Begleiter wurde bei 210 fach eindrucksvoll getrennt.
Jupiter zeigte viele Einzelheiten in den Hauptbändern und zum Pol hin waren noch 2 weitere schmale Bänder zu erkennen.
Beim immer kleiner werdenden Mars waren noch die Polkappe, ein helles und zwei dunkle Gebiete deutlich zu sehen. Die Marskugel war je nach Luftunruhe oft scharf begrenzt.
Saturn: Die Cassini-Teilung war praktisch dauernd zu sehen, je nach Seeing kurzzeitig gestochen scharf dann wieder verwaschen grau und nur in der Rundung des Rings sichtbar. Am Äquator war die weiße Bauchbinde mit schmalen Abschußband sichtbar. Beste Vergrößerung 150 fach. Bei 210 fach wurde das Bild flauer und es konnten keine weiteren Details beobachtet werden.
Farbfehler:
Für einen 5 Zoll FH Refraktor mit F 10 zeigt das Gerät sehr wenig Falschfarben. Bei Saturn ist keine Farbe zu sehen, beim hellen Jupiter ist an den Planetenrändern ein wenig Farbe zu erkennen. Je nach Fokussierung ein wenig rot oder Grün-gelb. Bei genauer Fokussieung ist dies aber in keinster Weise störend. Dies trifft auch für helle Sterne zu.
Mein Fazit: Die Verbindung Wachter, Lichtenknecker, Kosmos ist bei entsprechender Pflege auch noch nach 50 Jahren für gute astronomische Beobachtungen hervorragend geeignet und den heutigen modernen
" FH`s " nach meiner Erfahrung mindestens ebenbürtig.
Die Erweckung des Dinosauriers hat sich gelohnt. Anbei noch ein Bild.
Vielleicht ist mein Bericht ein Anlass für manchen Sternfreund sein altes Gerät mal wieder herauszuholen.
Astronomische Grüße und allzeit gutes Seeing wünscht
Willi