Mit einem Bericht über
Ludwig Ignaz Schupmann (1851-1920) und die Medialfernrohre
schließe ich vorerst meine Reihe historischer Beiträge.
Ludwig Schupmann studierte an der Technischen Hochschule Aachen Architektur.
Nach seinem Studium beschäftigte er sich vor allem mit der Gestaltung von öffentlichen Gebäuden,
womit er sehr erfolgreich war und zahlreiche Auszeichnungen entgegennehmen konnte.
Ab 1887 übernahm er eine Professur in Aachen.
Schupmann war auch Liebhaberastronom , sein besonderes Interesse war die Teleskoptechnik.
Er beschäftigte sich intensiv mit der Behebung des Farbfehlers und konstruierte ein Optiksystem,
welches die Vorteile von Refraktoren und Reflektoren vereinen sollte, das Medialfernrohr.
Eine Zeichnung zur Patentanmeldung im Jahre 1899 verdeutlicht die Wirkungsweise:
Leider setzte sich diese Konstruktion nicht in größeren Fertigungsstückzahlen durch.
Nach der Patentierung wurde im Jahr 1901 bei der Firma von Gottlieb Reinfelder
und Wilhelm Hertel in München das erste Instrument dieser Bauart hergestellt.
An der Urania-Sternwarte in Berlin unter professionellen Bedingungen getestet
und mit dem 30 cm-Refraktor der Sternwarte verglichen.
Man lobte zwar die sehr gute Abbildungsqualität, jedoch wurde Lichtverlust durch die vielen Flächen
(das Teleskop hatte zehn lichtbrechende und zwei spiegelnde Flächen) und das enge Gesichtsfeld bemängelt.
Darüber hinaus gab es erhebliche Schwierigkeiten, ein Mikrometer an dem Gerät zu befestigen.
Schupmann erprobte die folgenden zehn Jahre lang Verbesserungen,
bevor er sich an die Fertigung eines weiteren großen Instruments traute.
1911 wurde bei der Firma G.u.S. Merz ein Instrument mit 38,5cm Öffnung hergestellt,
welches von Philiph Fauth von 1913 bis 1941 zur Erstellung seiner berühmten Mondkarte
zuerst auf dem Kirchberg über Landstuhl in der Pfalz, ab 1930 in Grünwald bei München benutzt wurde.
Ludwig Schupmann schreibt darüber:
„Anfang Februar 1913 wurde auf dem Observatorium zu Landstuhl in der Pfalz
ein Medial von 38,5cm Öffnung und 3,85m Brennweite nach meinen Angaben und Berechnungen fertig gestellt.
Da es sich bei dem Landstuhler Instrument darum handelt,
mit möglichst geringen Mitteln eine besonders für Planetendetails vollkommene optische Wirkung zu erzielen,
hat der Besitzer des Observatoriums, Herr Astronom Fauth ein Medial-Fernrohr gewählt.
So ist es möglich gewesen, nicht allein ein kraftvolles Fernrohr
mit dem ungewöhnlich großen Öffnungsverhältnisse von 1 zu 10 zu konstruieren,
sondern auch das sekundäre Spektrum vollständig und restlos zu beseitigen.
Unter Anwendung von Aluminium für manche Teile des Fernrohrs konnte eine Montierung,
die für einen siebenzölligen Refraktor bestimmt war, für dieses 16 zöllige Medial benutzt werden.
Für die Kuppel erwies sich ein Durchmesser von 5,5 Meter als ausreichend.
Die mir von Herrn Fauth gestellte Aufgabe, ein Medial mit einem Öffnungsverhältnis von 1 zu 10 zu entwerfen,
hat mich veranlasst dem angeführten Instrumententypus erneute Aufmerksamkeit zu schenken.
Das Charakteristische dieses Typus besteht in der Erfüllung der Sinus Bedingungen dieses Systems,
wodurch das große Öffnungsverhältnis ermöglicht wird.
Als Folge ergibt sich die Anwendung gewöhnlicher Okulare.
Das optische System des Landstuhler Medials ist in Fig.D in größerem Maßstabe mit den richtigen Krümmungen dargestellt.
Das Licht durchsetzt also das Objektiv O, dann das schwach konvexe total reflektierende Prisma,
die Linsen d und s, an der Hinterseite von s reflektiert, gelangt es zum Okulare bei c.
Alle Linsen sind im gewöhnlichen Crownglase hergestellt, ein merkwürdiger Umstand,
welcher schon früher die Herstellung von Achromaten zugelassen hätte, wenn das Prinzip des Medials erkannt gewesen wäre.
Die Diskussion eines solchen Systems ergibt nun folgendes: das sekundäre Spektrum ist vollständig beseitigt,
wird die Vorderfläche der Spiegellinse s so geformt, dass die bei der Brechung aber keine Kugelabweichung hervorruft,
so kann die Linse d so gekrümmt werden, dass die Gaußsche Bedingung erfüllt ist und sogleich die Zonenglieder verschwinden.
Es ergibt sich so für den Spiegeldurchmesser ein 1:5.4 des Objektivdurchmessers.
Das kleine senkrecht zum Tubus stehende Rohr ist also ca. 1:5.4 des Haupttubus lang.
Das System zeigt 30% Lichtverlust gegenüber einem Refraktor,
dieser Lichtverlust wird aber bei engen Doppelsternen und Planetenbeobachtungen
durch die größere Definitionshelligkeit (Beseitigung des sekundären Spektrums) mehr als aufgewogen.
Bei einem Medial-Fernrohre muß das Objektiv gegen die Rohrachse sehr wenig geneigt werden.
Herr Fauth hat eine Stellvorrichtung an dem Instrumente angebracht,
welche es ermöglicht diese Neigung vom Okulare aus zu bewerkstelligen.
Das Gesichtsfeld umfasst nahezu den ganzen Vollmond.
Die Ausführung des Instrumentes erfolgte durch die Firma G.u.S. Merz,
welche mich auch durch eine trigonometrische Kontrollrechnung des Systems unterstützte.
Alles in Allem kostet ein derartiges Medial ungefähr die Hälfte eines Refraktors mit 1:15 Öffnungsverhältnis.
Der Besitzer des Medials, Herr Philliph Fauth, stellt mir folgende Anmerkungen drüber zur Verfügung:
„Die Frage wie sich der neue Medialtyp bisher bewährt kann naturgemäß noch keine endgültige Antwort erhalten.
Aber soviel ist doch in einer ausgedehnten Reihe der Beobachtungen des Mondes,
des Saturn gegenwärtig auch Jupiter erkannt worden,
dass es ungemein wohltuend wirkt, die natürlichen Töne ohne das störende Blau des üblichen Spektralrestes zu erfassen.
Noch augenfälliger als eine völlige Achromasie des optischen Bildes ist der Vorteil,
welcher aus der gleichzeitigen Austilgbarkeit auch des atmosphärischen Spektrum erwächst
und jetzt den Planeten Jupiter schon ausgiebig beobachten ließ.
In dieser Beziehung dürfte das Instrument schlechterdings vollkommen genannt werden.
Die Prüfung an Fixsternen mit hohen Vergrößerungen dürfte noch einige Zeit erfordern,
weil hier die Luftunruhe ein Hindernis bildet.
In vereinzelten Fällen sind aber schon Doppelsterne bis zu 0,3“ Distanz herab
bei 30cm Öffnung und Vergrößerungen bis 340-fach und 434-fach sehr gut dargestellt worden.
Bei ein und ausgeschobenem Okulare sind die Sternscheiben rund
und mit engliegenden Beugungsringen erfüllt, ein Zeichen von guter Zentrierung des Systems.
Bei der Anordnung vom Okulare aus die Neigung des Objektivs zu regulieren,
was nur einmal richtig geschehen ist und leicht zu bewirken ist,
kann von irgendwelchen Umständlichkeiten bei der Handhabung des Medials keine Rede sein.
Je nach Rohrlage und in stark wechselnder Höhe muss die Farbenkorrektion eintreten.
Da aber die Verstellung des Prismas durch Schrauben mit Vorgelege geschieht,
und selber nur innerhalb weniger Zehntel eines Millimeters nötig ist,
geschieht sie nur bei ganz geringer Übung schon fast unbewusst und erfordert nur einige Sekunden Zeit.
Ganz besonders hervorgehoben werden muss die große Bequemlichkeit des Arbeitens am Okulare,
das bei der Meridianstellung wagerechte Einsicht gewährleistet
und niemals steiler als um den Betrag der Äquatorhöhe gerichtet sein kann.“
Aachen,23.Mai 1913 L.Schupmann.
Beide oben genannten Mediale gingen leider im 2ten Weltkrieg verloren.
Nur das 1917 von Professor Staus, bei der Firma G.u.S. Merz hergestellte,
mit 325mm Öffnung und 3268mm Brennweite, überlebt als einziges seiner Art.
Dieses Instrument steht heute in der Universitätssternwarte Pfaffenwald in Vahingen bei Stuttgart.
Es wurde zusammen mit einem Cassegrain 300/5400mm im Jahre 1934 von der Firma Georg Tremel montiert,
Liebhaberastronom Hermann Fellmeth, ein führender Mitarbeiter der Firma Bosch errichtete
1934 diese Sternwarte nahe seines Landhauses, dem Pfaffenhof, auf dem heutigen Unigelände.
1972 wurde diese Sternwarte des Universität Stuttgart geschenkt,
mit der Bedingung sie wieder herzurichten und der Öffentlichkeit zugängig zu machen.
Wer als historisch interessierter Sterngucker das Schwabenland besucht,
für den lohnt sich auch der Weg an den Pfaffenwaldring in Stuttgart-Vahingen
zum historischen Schupmann´schen Medial unter einer wunderschönen Kuppel.
Eine vorherige Anmeldung ist erforderlich.
Die Backnanger Sterngucker haben diese ehrwürdige Einrichtung bereits in Augenschein genommen.
Mehr über die Universitätssternwarte Pfaffenwald und das Schupmann´sche Medial
http://www.uni-stuttgart.de/sternwarte/index.html