Hallo,
wie Ralf schon schreibt, muss man unterscheiden zwischen dem Auflösungsvermögen des Fernglases und dem Auflösungsvermögen der Kombination Fernglas-Beobachter. Das Auflösungsvermögen des Fernglases kann man objektiv messen. Dazu muss man nur definieren, was „Auflösung“ ist (z.B. Trennung zweier paralleler dunkler Linien, wobei dann noch definiert werden muss, was „Trennung“ bedeutet; das könnte z.B. ein bestimmter Kontrastabfall zwischen beiden Linienbildern sein). Dann kann man sich eine entsprechende Messanordnung bauen, und das Auflösungsvermögen messen.
Wenn man die Auflösung der Kombination Fernglas-Beobachter misst, wird diese Messung immer vom Beobachter abhängig sein.
Der Optikkonstrukteur braucht für die Korrektur natürlich Bildgütekriterien. In dieser Richtung sind wohl auch die Werte der köhlerschen Tabelle zu interpretieren. Dort findet man für Ferngläser mit einem Objektivdurchmesser von 30mm bei einer AP<=4,5mm eine Auflösung von 8“. Das ist 60“/7,5 und würde damit bei angenommener Auflösung des Auges von 60“ der Grenzauflösung bei 7,5-facher Vergrößerung entsprechen. Bei einer AP=4,5mm ist die Vergrößerung etwa 6,7 mal. Das dürfte etwa die Vergrößerung sein, bei der sich die Handunruhe noch nicht auswirkt. Bei höheren Vergrößerungen dürfte die Handunruhe die Auflösung herabsetzen. So könnte man diese Werte erklären. Interessant wäre aber, wie Köhler zu diesen Werten kommt.
Optiken werden ja in der Regel nicht so gut wie möglich korrigiert, sondern (auf den jeweiligen Empfänger bezogen) so gut wie nötig, da das eine Kostenfrage ist. Was "nötig" ist, war (zumindest in den 80-ziger Jahren des vorigen Jahrhunderts, als ich selbst beruflich Entwurf und Testung von Optik befasst war) immer eine spannende Frage in der optischen Industrie. Entsprechende Probleme wurden dort intensiv diskutiert, allerdings wurde dazu in der Regel nichts veröffentlicht, das war eben know-how der Firmen. Manchmal liest man, dass es die „Schärfe“ nicht gibt. Das ist natürlich nicht so. Die subjektiv empfundene Schärfe (vielleicht sollte man besser „Schärfeeindruck“ schreiben), wurde natürlich bewertet. Dieser Schärfeeindruck ist auch bei visuell benutzten Ferngläsern ein wichtiges Qualitätskriterium. Der Schärfeeindruck ist dabei nicht nur von der Auflösung abhängig. Besonders asymmetrische Bildfehler beeinflussen diesen Eindruck wesentlich. So findet man häufig ältere Gläser, mit denen man eigentlich „alles sieht“ (ich denke, dass klar ist, was ich meine), aber irgendwie sieht das Bild (trotz Kollimation der Teilbilder) irgendwie unangenehm aus, es ist irgendwie nicht „scharf“. Das macht nun eine vollständige, objektive Bewertung von Ferngläsern schwierig. Physikalische Größen von Ferngläsern (z.B. Auflösung, Übertragungsfunktionen, Transmission) kann man messen, den „Seheindruck“ nicht. Wenn ich ein Fernglas bewerte, schaue ich mir vor allem Mond und Jupiter an. Nach meiner Erfahrung zeigen Ferngläser auch allgemein ein subjektiv als gut empfundenes Bild, wenn sie an diesen Objekten ein „gutes Bild“ zeigen.
Dominique: In der Instandsetzungsvorschrift zum DF 7x40 von 1967 finden sich für die Übereinstimmung der optischen Achsen folgende Toleranzen: Höhe 20‘, Seite konvergent 90‘, Seite divergent 30‘. Grundlegende Untersuchungen zum binokularen Sehen wurden schon im ausgehenden 19.Jh. von P.L. Panum durchgeführt. Danach gibt es auf der Netzhaut den sogenannten Panum-Bereich. Bilder, die in diesem Bereich liegen, sieht man nicht doppelt, es wird auch kein Fussionsreiz ausgelöst. Dies war meines Wissens noch der Erkenntnisstand in den 80-ziger Jahren. Allerdings war man sich damals über die bei der Kollimation der Teilbilder anzusetzenden Toleranzen bei Zeiss-Jena nicht ganz sicher. Mitte der 80-ziger Jahre wurde das Problem mal als Thema für ein Industriepraktikum für Physiker ausgeschrieben. Da fand sich aber wohl kein Bearbeiter (Physiker wollen sich mit konkreten Dingen befassen, physiologische Sachen sind da wohl für Physiker eher unheimliche Metaphysik). Es wäre interessant, sich da mal über die neueren Erkenntnisse zu informieren. Vielleicht kennt jemand da neuere Veröffentlichungen.
C.S. Frank