Auflösung: Refraktor gegen Doppelfernrohr (Großfernglas)

  • Hallo,


    ich hätte da mal eine Frage zur Auflösung an die Experten, ... denn ich finde nichts im Netz.


    Für die Auflösung gilt die Faustformel A =138/D in Bogensekunden (Dawes Kriterium, man kann auch 117/D nehmen = Raleigh-Kriterium). Daraus folgt für einen Durchmesser von 200 mm eine theoretische Auflösungsgrenze von (138/200 =) 0,69 Bogensekunden und für den 100 mm Refraktor (138/100 =) 1,38 Bogensekunden.


    Das Auflösungvermögen (Trennung von zwei Lichtpunkten) halbiert sich also mit dem halben Durchmesser und verdoppelt sich mit dem doppelten Durchmesser. (Ich dachte immer man müsse da die Fläche und nicht den Durchmesser in Betracht ziehen, ... aber na gut: ... offenbar «falsch gedacht» !).


    Was mich jetzt aber gerade interessiert ist: Was passiert, wenn ich jetzt statt eines 100 mm Mono-Refraktors ein 100 mm Binokular (Großfernglas mit zwei 100 mm Objektiven) nehme ?


    Die Fläche (das Lichtsammelvermögen) eines einfachen 100 mm Objektivs ist π x (100/2)^2 = 7.853,98 mm^2.

    Die Fläche (das Lichtsammelvermögen) eines einfachen 200 mm Objektivs ist π x (200/2)^2 = 31.415,62 mm^2.


    Die zusammengerechnete Fläche der zwei 100 mm Objektive ist (2x π x (100/2)^2) =] 15.707,96 mm^2.


    Während die Flächen von 100 mm Refraktor und 200 mm Refraktor also im Verhältnis 1:4 stehen (vierfaches Lichtsammelvermögen des 200 mm Refraktors, aber nur doppelte Auflösung) ist das Verhältnis der Flächen (Lichtsammelvermögen) von Einfach-Refraktor zu Doppelrefraktor = 1:2.


    Aber wie ist das jetzt mit der Auflösung ?


    Its mir schon klar, daß die irgendwo dazwischen (zwischen den 0.69" und den 1.38") liegt / liegen muß ... Aber wie rechnet man das (möglichst genau) ??


    [Dann kommt noch die Frage hinzu, welchen Einfluß die Tatsache hat, daß man zwei Objektive hat, deren Licht erst im Gehirn zusammengefügt wird ! Der größere "Lichtweg" (und die Qualität der Augen), macht der / machen die auch etwas aus ?].


    Also wenn ihr dazu was wißt oder gelesen habt (ich habe, wie gesagt, nix gefunden),


    .... VIELEN Dank !

  • Also ich habe gerade den Eskimonebel mit einem 100 mm Achromaten beobachtet. Bei 150 fach mit einem 6 mm Plössl sieht man die "Kapuze" des Eskimos schon sehr schön.


    Dabei ist mir auch eine mathematische Lösung für obiges Problem eingefallen. Man kann die zwei 100 mm Objektive mathematisch in ein einziges Objektiv "umrechnen", um zu einem Durchmesser zu kommen, aus dem man die Auflösung errechnen kann. Der Radius (halber Durchmesser) eines Kreises ergibt sich aus der Fläche desselben in Umkehrung der obengenannten Formel, also über die Formel R = √ aus Fläche (der zwei Linsen) / π. Da die zwei Linsen des Großfernglases zusammen eine Fläche von 15.707,96 mm^2 haben, entspricht diese Fläche einem - auf ein einziges Objketiv umgerechnetem - Radius der Linse von 70,71 mm, also einem Durchmesser von 141,45 mm.


    Damit habe ich den - auf eine Linse umgerechneten - Durchmesser des "Doppelrefrakor-Einzel-Linse" und kann die Auflösung berechnen: Sie ist = 138/141,45 = 0.975, (liegt also nicht genau in der Mitte, sondern ist besser als die Mitte, obwohl der Durchmesser des in eine Linse umgerechneten Doppelrefraktors kleiner als die Mitte ist (!). Die Auflösungsgrenze des 100 mm Doppelrefraktors liegt also näher am 200 mm Refraktor, als am 100 mm Refraktor (obwohl der Durchmesser der errechneten Linse mit 141,45 mm kleiner als die Mitte (150 mm) zwischen beiden ist) !!!


    Bleibt die Frage, ob das auch tatsächlich in der Praxis so ist ! Weil trotz der "Umrechnung" vergleiche ich ja eigentlich einen Apfel (Einzellinsen-Refrakor) mit einer Birne (Doppel-Refraktor). ... Nee ?

  • Hallo Rudi,

    Wissen kann ich keins beitragen, aber eine Idee:

    Bei zweiäugiger Betrachtung gilt es ja auch 2 Augen mit Licht zu versorgen. Doppelte Optik und doppelter Sensor.

    Eine Steigerung der (Seh)leistung ließe sich dann nicht über die doppelte Optik erklären sondern wenn überhaupt dann nur durch

    eine andere Verarbeitung im Gehirn.

    Beispiel: Jedes Auge hat einen blinden Fleck, mit 2 Augen zusammen kann das Gehirn das aber gut kaschieren.


    Viel Erfolg bei weiteren Nachforschungen

    Detlev

    "Das Universum ist nicht dazu verpflichtet für dich irgendeinen Sinn zu ergeben!" (N. D. Tyson)


    Bresser 10x50 | 150/750 Dobson | 70/700 Skylux Refraktor | 200/1000 Zollstock-Dobson
    Im Bastelkeller: 8"f/6 Spiegel | 76/700 "Tchiboskop"-Newton


    https://astronomiefreunde-kn.de/

  • Hallo Detlev,


    DANKE ! ... Und Du hast recht !


    ... Aber was deine letzten Wünsche anbelangt, so denke ich, daß ich es mal bei der bisherigen Betrachtung belassen werde. Es genügt mir herausgefunden zu haben, daß ein 100 mm Großfernglas ungefähr (!) einem 140 mm Refraktor entspricht.


    Alles andere ist wohl Spekulation, da es da wohl ziemlich sicher keine gesicherten Erkenntnisse gibt !


    Clear Skies


    Edit: hier noch eine Tabelle für verschiedene Binos:



  • Hallo zusammen,

    ich denke, an der Auflösung ändert sich nichts – ein 100er Objektiv kann das auch im Doppel nicht besser.
    Falls die beiden neben einander angebrachten Objektive das Licht überlagernd an ein Auge bringen würden,
    dann würde die breitere Basis eine Verbesserung der Auflösung bringen - das stelle ich mal zur Diskussion.

    Aber das Lichtsammelvermögen verbessert sich beim Doppelobjektiv, Stichwort Oversampling.

    Die gleiche Lichtinformation – nicht dieselbe, und das ist genau der Vorteil eines Doppelteleskops – kommt
    zum linken und rechten Auge und das Gehirn "bastelt" aus den leicht unterschiedlichen Informationen (seeing etc)
    ein Bild mit größerer Tiefe und mehr Details.

    Dietmar

  • Hallo Dietmar,


    danke Dir !


    Bevor hier dichtgemacht wird, wollte ich noch was richtigstellen. Also das mit dem: "ein 100 mm Binokular entspricht ungefähr (!) einem 140 mm Refraktor" war wohl zu optimistisch. Wen es interessiert, hier haben sich Edz, genannt "Professor" und andere sehr ausgiebig mit dem Thema beschäftigt. Ed verweist auch auf medizinisch-physiologische Gutachten zum "zwei-Augen-Sehen":


    https://www.cloudynights.com/t…nocular-vision-summation/


    Er rechnet zwar zunächst auch mit 100 / 140 kommt dann aber leztendlich "nur" auf eine Verhältnis von 100 / 119 (betreffend die Grenzhelligkeit), weil er nur das "dominante" Auge berücksichtigt (und in der Formel zweimal die Wurzel zieht). Er beschäftigt sich aber - leider - auch nicht mit der Auflösung (hatte aber - in 2006 - versprochen, dies zu tun; man müßte also auf Cloudynights noch weiter suchen).


    Dennoch scheint mir der Beitrag sehr interessant (er vergleicht auch noch einen Binoviewer mit Einzel- und Doppeloptik).


    Aber ich muß ein bißchen vorwarnen: es ist "very heavy stuff", wie die Amerikaner sagen. ... Das muß mal zehn mal lesen !


    Macht's gut !


    Noch eine Nachtrag:

    Hier wird die Entstehung der Formel 138 / D (Rayleigh) erklärt: http://www.epsilon-lyrae.de/Do…Aufloesungsvermoegen.html

  • Hallo,

    ich möchte dieses Thema gerne noch einmal aufgreifen weil ich u.U. auch vor einer Entscheidung zwischen Doppelrefraktor oder größeren Monorefraktor stehe.


    Ich denke der EdZ im CN-Forum liegt hier falsch.

    Der Faktor Wurzel(2) = 1.414 muss natürlich auf den Durchmesser der Optik angewendet werden, damit sich die Fläche verdoppelt! In seiner Rechnung bringt er den Faktor 1.414 stattdessen an der Fläche an und nimmt davon dann wieder die Quadratwurzel. Er verwendet also effektiv gar nicht die Qudratwurzel 2^1/2, sondern die vierte Wurzel: 2^1/4 = 1.189.


    Man liest eigentlich überwiegend von eben dieser Formel und den Faktor 1,41 was das Lichtsammelvermögen angeht, das auch durch diese Summation im Gehirn und durch Verbesserung des Signal-Rauschabstandes und des Kontrastes entsteht.


    Wenn man nun die Wahl hat einen 8" Doppelrefraktor oder einen 10" Monorefraktor zu erwerben liegt man preislich nahe beieinander.


    Ich denke wenn man gerne binokular beobachtet hat man mit dem Doppelrefraktor die bessere Wahl getroffen. Dazu kommt das dieser höchstwahrscheinlich deutlich besser auskühlt, sodass man weniger Angst haben muss das das Gerät bei schneller Wetterabkühlung nicht mehr hinterher kommt. Dazu braucht der Doppelrefraktor weniger Platz und ist bei nicht ganz so guten Seeing weniger anfällig bzgl Luftunruhe.


    Mich würde sehr interessieren was man hier in diesem Forum darüber denkt, aber bitte keine Vergleiche Refraktor zu Spiegel, danke.

  • Hallo Willy,


    (das mit dem "Bot" im letzten Beitrag (Detlev) war nicht an Dich gerichtet ;) ).


    Interessante Schluβfolgerung gegen EdZ. Hatte das nicht gesehen, mit Quadratwurzel und vierter Wurzel, meine mathematischen Kenntnisse sind beschränkt auf das, was ich brauche. (Wenn ich mehr brauche, lese ich nach).


    (Aber das mit dem Preis verstehe ich nicht ! 8 Zoll Doppelrefraktor gibt es sowas überhaupt ? Und 10 Zoll Monorefraktor ? Baust Du die selber ? Wenn dem so ist, das wäre doch mal ein interessanter Bericht hier)!


    Letzendlich fehlt aber der Beweis. Den kann nur jeder für sich selbst erbringen, indem er die beiden Geräte vergleicht. Mathematische Berechnungen und technisch-optische Ausbildung helfen da nichts.


    Gruβ

  • Hi, ja, das gibt es. Matthias Wirth baut so etwas in Zusammenarbeit mit Manuel Philipp von Abenteuer Sterne. Die Optik ist dabei denke ich von Markus Ludes, also LZOS aus Russland oder aus China mit FLP53-Glas zum halben Preis.

    Auch einen 10-Zöller bekommt man bei Markus Ludes, oder eben TEC. TEC baut auf Anfrage auch 8"-Binos, zumindest haben Sie damit geworben.


    Aber ausprobieren ist quasi nicht möglich weil so etwas niemand vorrätig rumliegen hat.


    Ich denke wie hoch der Faktor Bino zu Mono ist liegt wohl an Dingen wie persönliches Befinden und Sehkraft der Augen bzw. deren Unterschied links zu rechts, dem jeweiligen Seeing, der Art der beobachteten Objekte und beträgt je nach dem zwischen 1,2 und 1,7.

  • Hallo Willy,


    Da ein 8 Zoll Doppelrefraktor (die zwei Refraktoren alleine, ohne Yamamoto und so) zwischen € 50.000 und 60.000 kostet, haben mich Deine zwei letzten Beiträge dazu inspiriert, mal im Internet nachzusuchen, wie und ob man einen dunkleren Himmel (Alpen) gegen ein gröβeres Teleskop (Groβstadt) in einen "Aperture"-Unterschied umrechnen kann.


    Ich habe nicht allzuviel gefunden, aber hier mal drei Links:


    (1) https://tonyflanders.wordpress…e-versus-light-pollution/


    Unten im Beitrag sieht man drei Links zu Vergleichs-Bildern: der Vergleich ist

    - Stadtmitte gegen Vorstadt,

    - einerseits 7 Zoll und andererseits 70 mm (ich übersetze das mal mit 2,5 Zoll)

    - an der Andromeda-Galaxie, M38 und dem Orionnebel;


    ==> Da kommt der 70 mm Refraktor in der Vorstadt viel weiter als der 7-Zöller in der Stadt; also nix mit 7 Zoll / 2.5 Zoll = 2,8 mal schlechter in der Stadt. Ich würde eher 5 bis 10 mal schlechter schätzen. ... das kann man bestimmt statistisch-mathematisch berechnen.


    (2) https://stargazerslounge.com/t…nce-does-a-dark-sky-make/


    ==> Da sagt einer, ein 12 Zöller in der Stadt bringe ungefähr dasselbe wie ein 6 Zöller unter einem dunklen Himmel. ... Ist auch meine persönliche Erfahrung. ... ... Und noch ! (Edit: der Widerspuch zwischen (1) und (2) hat wohl auch mit Durchmesser und Fläche zu tun; "Auflösung" ist halt nicht alles).


    (3) http://www.bbastrodesigns.com/VisualDetectionCalculator.htm


    ==> Da kann man das Ganze irgendwie berechnen; ... aber ich habe den Simulator (viele Variablen) noch nicht ganz durchschaut !


    ----


    Nur so als Gedanke!


    (Was macht man nicht alles um sein Teleskop um Nuancen zu verbessern: Veloursauskleidung, bessere Okulare, Linsenkanten schwärzen, etc und schlieβlich ein gröβeres Teleskop. ... ... ... Aber "Rausfahren" oder "Lichtverschmutzung abschaffen" würde proportional viel, viel mehr bringen, nee ?).


    Gruβ

  • vielen Dank für die Links, sehr interessant.

    Ich bin froh dass ich im Voralpenland wohne und die Milchstraße als prächtiges Band sehen kann.

    Ich habe die Erfahrung gemacht das es auch schon ein großer Vorteil ist wenn man ein dunkles Fleckchen hat wo kein direktes Licht von Straßenlampen hinscheint.