Hallo Namensvetter,
hallo Banana,
hallo Detlev,
(habe gerade gesehen, daβ Du schon geantwortet hast. Dein Beitrag faβt das ganze viel kürzer und prägnanter zusammen als meiner, aber ich habe auch viel geschrieben heute morgen und wollte das jetzt nicht wegwerfen).
erstmal herzlich willkommen im Forum !
Über die zwei Fragen, die Du stellst, kann man seitenlang schreiben. Ich versuche mich kurz zu fassen, aber es wird trotzdem etwas länger werden. Vielleicht werde ich die Antworten auf zwei Beiträge aufteilen.
Aber zunächst noch ein Hinweis, weil Du sagst, daβ ihr eine Fernbestellung aufgeben wollt. Das ist natürlich absolut kein Problem. Die Frage, die ich mir aber stelle ist, ob Ihr überhaupt schon mal durch ein 8 Zoll Teleskop geschaut habt und ein Vorstellung davon habt, was Ihr da seht. Das Problem ist also nicht der "vor Ort nicht vorhandene" Händler, sondern Eure Vorstellung von dem Teleskop. Was ihr z.B. am Planeten seht, hat absolut nichts mit Hubble-Bildern zu tun und auch nichts mit den - ausgiebig am Komputer bearbeiteten - Fotographien von Amateueren in kleineren Teleskopen. Wenn man bei Sternen immer nur Punkte sieht, sieht man bei den Planeten kleine Scheibchen. ... And that’s it !
Und jetzt sucht man auf diesen Mini-Scheibchen auch noch nach Details. Dazu kommt das Problem des „Seings“ (wetterbedingt, Windstärke in den verschiedenen Schichten der Atmosphäre, Dunst am Horizont, usw. ), von Lichtverschmutzung und von Streulicht. Ich habe einmal mit meinem 12 Zoll Dobson, im französischen Zentralmassiv bei Inversionswetterlage (Wolken / Hochnebel über dem Mittelmeer) 8 oder 9 Wolkenbänder mit Details auf Jupiter gesehen (damals mit einem 5 mm Takahashi LE Okular mit „nur“ 52° Gesichtsfeld), aber das war einmal in meinem Leben. Ansonsten muβ man sich, bei unseren Wetter- und Umweltbedingungen, mit zwei Wolkenbändern begnügen und vielleicht, wenn man astronomisches „Sehen“ gelernt hat, mit zwei weiteren Bändern angedeutet (auβer in den Alpen). Unter unseren „Normal“-Bedingungen besteht das Interesse am Planeten eher darin, das Spiel der Jupitermonde zu verfolgen und die Saturnringe zu sehen, als Details auf der Oberflâche zu erwarten. Das sieht man sehr schön zur Zeit am Mars (in Opposition), der keine Monde und keine Ringe zu bieten hat. Auf der Oberflâche sieht man vielleicht ein paar graue Schatten (wie gesagt, auf einer Mini-Scheibe).
Bei der Diskussion um Spiegel- und Okularqualität geht es als um Mini-Nuancen. Ich sage das nicht, weil ich „decouragieren“ will, sondern weil ich gerne zu hohe Erwartungen dämpfen und die Ausgaben für Telekop und Okulare in’s Verhältnis setzen würde (für jemand der möglicherweise noch nie einen Planeten an einem 8-Zöller gesehen hat) !
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So jetzt aber zu Deinen Fragen; zunächst zum Spiegel.
Ich habe mich mal eine zeitlang in meinem Leben sehr ausgiebig (auch theoretisch) mit Okularen beschäftigt. Warum ? ... Wohl weil ich mir von denen wahre Wunder erwartete, „das Letzte“ aus dem Teleskop herauszuholen.
Aber das war falsch gedacht ! Auch hier geht es wieder nur um Nuancen ! Das Entscheidende ist der Spiegel, dann kommt lange nichts und dann das Okular, bzw. die Kombination und das Zusammenspiel von Spiegel und Okular. Viele Amateurastronomen wissen z.B. nicht, daβ das Abbild eines astronomischen Objektes im Fokus niemals flach ist, sondern immer gebogen, entweder so „)“ oder so „(“ (Astigmatismus und Feldkrümmung). Das Okular ist jetzt aber auch ein kleines Fernrohr, welches das Abbild des Spiegels wie eine Lupe vergröβert. Es ist klar, daβ die Qualitât des Gesamtsystemes Spiegel + Okular dann natürlich davon abhängt, ob das Okular dieselbe Bildfeldkrümmung wie der Spiegel hat „((“ oder so“))“ oder ob eine Verstärkung oder Kompensation der Effekte stattfindet „()“ oder „)(“. [Meistens dominiert aber der Astigmatismus des Okulares am Rande des Bildfeldes; die (jüngeren) Augen können da aber auch sehr viel ausgleichen].
Also die Qualität des Spiegels ist das A&O ! (Ich schreibe immer nur von Spiegel, weil ihr einen Newton kaufen wollt, aber dasselbe gilt natürlich auch für das Objektiv eines Refraktors). Du schreibst jetzt, der Spiegel des anvisierten Teleskopes, sei besser als „beugungsbegrenzt“. Da müssen wir also erst mal herausfinden, was das bedeutet. (Wie gesagt, ich lasse die theoretischen, besonders mathematischen Grundlagen weg, streue aber ab und zu mal einen - einfachen - Link ein).
Beugung ist eine Reflexion von Lichtsstrahlen an einer Kante (Blende), die das Abbild (eines Sterns z.B.) beeinfluβt / stört. Da ein Stern sehr weit weg ist („im Unendlichen“), sollte er eigentlich ein perfekt punktförmiges Abbild liefern. Tut er aber nicht, und das ist unvermeidbar auch bei der perfektesten herstellbaren Optik ! Durch die Beugung, die an der Eintrittsöffnung des Tubus, an der kreisrunden Kante des Hauptspiegels und nochmals an der runden Kante des Fangspiegels entsteht, wird aus der perfekten Punktform des Sterns ein Scheibchen, welches von konzentrischen Ringen umgeben ist („Beugungsscheibchen“ oder „Airy-Disk“). In dem - aufgeweiteteten = Scheibchen - Abbild des Sternpunktes sind im Zentrum ca. 84 % des vom Stern kommenden Lichtes konzentriert, im ersten Beugungsring ca. 6% (Zentrum des Scheibchens und erster Beugungsring konzentrieren dann 90% des lichtes), nach dem vierten Beugungsring sind wir dann bei ca. 95 % des Sternenlichtes, usw.
Beugung : https://www.itp.uni-hannover.d…ha/static_html/beugg.html
Airy-Disk : http://epsilon-lyrae.de/Seeing/Begriffe/Begriffe.html
Bild des Effektes aus wikipedia https://de.wikipedia.org/wiki/Beugungsscheibchen
(Autor: Bautsch; copyright: wikipedia commons)
(Wie man an dem zweiten Bild in ersten Link oben (nicht das Bild unmittelbar hierdrüber) sieht, bildet die (hier senkrechte) Kante kleine Wellen an jedem Reflexpunkt, wie wenn man einen Stein ins Wasser wirft. Da die Blendenkante am Tubuseingang rund ist, bilden die Wellen um jeden Reflexpunkt zusammengenommen an der Kante eine Art „Halskrause“ (wie aus Klöppel-Spitze) innen um die Tubusöffnung herum und diese Wellenreflex-Halskrause legt sich dann auch als Ring um das - ursprünglich punktförmige - Sternabbild).
Spätestens ab dem 3. Beugungsring „sieht“ man den Effekt aber nicht mehr, weil die Ringe so lichtschwach werden.
Nochmals : dieser Effekt ist unvermeidbar ! Und das ist jetzt die theoretische Situation bei einem absolut perfekten Spiegel ! Um einen Maβstab zu haben, wird die Situation, wo 84% des Lichtes innerhalb des (innersten Scheibchens des) Airy-Disk ist, also als perfekt definiert. Das sind dann 100% „Strehl“ (so heiβt der Maβstab). Man sollte also im Hinterkopf behalten (und dann vergessen), daβ 100% Strehl = einer Konzentration von 84% des Sternenlichtes innerhalb des (innersten Teils des) Airy-Disk entsprechen.
So, jetzt ist es aber sehr schwer einen perfekten Spiegel herzustellen. Fertigungstoleranzen, nicht 100% zentrische Rotation bei der Herstellung (Astigmatismus), Abweichungen von der perfekten Parabelform („Parabolspiegel“ !), Oberflächen-Ungenauigkeiten, die beim Schleifen entstehen (ptv = „peak to valley“-Wert und „rms“- = root means square“ -Wert der Spiegeloberfläche), inkusive der sogenannten „Mikro-Rauheit“ und beim Newton auch die Existenz des Fangspiegels selber, der ja im Strahlengang sitzt, führen dazu daβ ein Spiegel niemals 100% Strehl hat.
Zur Spiegeloberfläche nur beispielhaft, die beiden Zeichnungen hier im Beitrag (dort wird auch der „ptv-„ und der „rms-wavefront error“ erklärt:
http://www.intercon-spacetec.com/grundlagen/opt_qual.html
Daβ es auf einer Spiegeloberfläche tatsächlich so aussehen kann zeigt folgender Test von Wolfgang an einem der besten Spiegel der Welt, einem Zambuto, im Vergleich zu zwei anderen
Spiegeln gleicher Gröβe (für die Bilder etwas runterscrollen) :
http://r2.astro-foren.com/inde…8-0inch-277-r-2440-f-1220
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Beugungsbegrenzt heiβt nun, daβ die Spiegeloberfläche einen peakt-to valley Wert (gröβte Abweichung zwischen „Bergen“ und „Tälern“ auf der Oberfläche des Spiegels) von λ/4 Wellenlänge hat, wobei die Wellenlänge λ die des sichtbaren Lichts im grünen Bereich (wo unser Auge am besten sieht), also 5550 Nanometer oder 555 Angström ist.
Diesen Wert kann man in Strehl umrechnen (ich lasse die Grundlagen weg), weil die „Berge“ und „Täler“ auf der Spiegeloberfläche das Licht natürlich auch streuen, bzw. verteilen. Ein ptv von λ/4 entspricht 80% Strehl, was bedeutet, daβ „nur“ 80% des theoretisch möglichen Sternenlichtes (welches ja auch schon nur 84% des ausgesendeten Sternlichtes reprâsentiert) im Airy-Disk vereint ist und mehr Licht in die Beugungsringe gegangen ist. Dies führt unter anderem zu Kontrast- und Detailverlust bei der Abbildung.
Mehr dazu bei Wolfgang Rohr (mit vielen Links) :
http://r2.astro-foren.com/inde…an-simulierten-beispielen
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Zwischen „beugungsbegrenzt“ und „perfekt“ liegt also eine Marge von 20%. Ich sage jetzt nicht, daβ man nur einen perfekten Spiegel kaufen sollte und daβ Hersteller nur solche anbieten sollten. Das geht fertigungtechnisch gar nicht ! Wenn der hersteller heute „beugungsbegrenzt“ garantiert, ist das schon mal sehr schön ; früher gab es diese Garantie nicht. Und den Unterschied zwischen 93% Strehl und 99% Strehl kann man nach einhelliger Auffassung sowieso mit menschlichen Augen gar nicht mehr „sehen“.
Aber es gibt halt in jeder Herstellungsreihe durchschnittliche Spiegel (= beugungsbegrenzt), sowie „Ausreiβer“ nach unten und nach oben ! Und den Unterschied zwischen 80% Strehl und 92% Strehl, den kann man schon sehen.
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So, und was kann der Käufer da jetzt machen. Der Hersteller und auch der Händler haben schon die technischen Mittel, um ein „Interferogramm“ eines jeden einzelnen Spiegels zu erstellen und dann ein Zertifikat über den Strehlwert auszugeben. Aber die Hersteller (in China) machen das eben oft nicht, und die Händler wollen nicht "die Arbeit des Herstellers" nachholen, sondern sie vermessen nur einen (oft guten oder sogar sehr guten) Spiegel der Serie und zeigen dann dieses Interferogramm als Beispiel für die ganze Serie. Sonst könnten sie ja die Durchschnitts-Spiegel nicht mehr verkaufen. (Und dann wird auch da oft noch geschönt, weil man kann eine andere Wellenlänge nehmen, z.B. "rot" anstatt "grün", was aber nur für fotographische Zwecke interessant ist ; das Auge sieht im roten Bereich nicht viel).
Man kann einen Tester beauftragen, wie Wolfgang Rohr. ... Aber ich glaube fast, der ist jetzt in Rente und das kostet zusätzlich !
Man kann sich ein Ronchi-Gitter kaufen, z.B. das von Gerd Neumann https://www.gerdneumann.net/de…ular-ronchi-eyepiece.html, muβ dazu aber wissen, daβ ein Test mit einem solchen Gerät schon ein biβchen Erfahrung verlangt und deutlich weniger aussagekräftig ist als ein Interferogramm ! Und auch das Ronchi-Gitter kostet zusâtzlich !
Ich habe meinen 12 Zoll Newton in den USA bestellt (siehe meine Internetseite, letzte Seite). Da der Herstller alles selber baute, rief er mich nach 9 Monaten an (so lange muβte ich warten), und teilte mir mit, daβ er den Okularauszug, den ich wollte, nicht dahätte und er mir einen anderen genauso guten einbauen wollte. ... Und da war noch ein anderer Haken, ich weiβ ich jetzt nicht mehr. ... Da habe ich dann von der Gelegenheit profitiert, und habe gesagt, daβ mir eigentlich alles egal wâre, daβ ich aber - auch wegen des weiten Rück-Transportweges im Falle einer möglichen Reklamation - gerne einen wirklich guten Spiegel hätte ! ... Mehr konnte ich damals auch nicht machen !
Und ich habe dann auch einen wirklich guten bekommen (er hatte zwar einen kleinen Kratzer, aber er ist wirklich gut) ! Die Händler wissen schon, welche ihrer Spiegel individuell (nicht in der Serie), besser und welche schlechter sind ! Und wenn man einen guten Preis bezahlt, kann man diesbezüglich auch insistieren, finde ich jedenfalls !
Voilà, daher der Ausdruck „ein wirklich guter Spiegel“ !
Mach's gut !
(Zu den Okularen komme ich noch)