Beobachtungsvorschläge für laue Nächte im Juni

  • Liebe Sterne-Genießer,


    (letzteres geht ja jetzt wieder, ob der lauen Nächte).


    Die Juni-Ausgabe schaut wieder auf den Osthorizont. Die besprochenen Sternbilder sind diesmal:


    (1) Schwan,
    (2) Fuchs, Pfeil, Delphin und Füllen,
    (3) Adler und Schild


    0. Übersicht




    Norden ist wie immer links, Osten unten, da wir ja die Karte hochkant nehmen und nach Süden schauen. Die Situation ist die am 15. Juni um 23 Uhr.

    1. Schwan



    Der Schwan enthält das wohl schönste Objekt des Nordhimmels, den Zirrus-Nebel. Um diese ringförmigen Reste einer Supernova-Explosion gut zu sehen, braucht man aber einen einigermaßen dunklen Himmel und einen O III-Filter (UHC geht auch). Er ist nur deshalb etwas schwierig, weil er so ausgedehnt ist (fast 4° am Himmel).


    Er ist aber sehr einfach zu finden, weil der erste, südwestliche Teil des riesengroßen Ringes, NGC 6960, der „Sturmvogel“ oder auch die "knöcherne Hand der Hexe“ genannt wird, direkt links und rechts neben dem Stern 52 Cygni liegen (= „1“ auf der Ausschnittskarte). 52 Cygni ist, wegen seiner Dreieckslage im Verhältnis zu den Sternen ε und ζ am rechten Flügel des Schwans ebenfalls sehr leicht zu finden. Mit O III Filter sticht 52 Cygni zudem noch durch sein grünes Leuchten heraus.


    Nordöstlich davon befindet dann der schönste Teil des Nebels, NGC 6992/5, den die Franzosen „La grande dentelle“ nennen; die „Klöppelspitzen“ (= „2“ auf der Ausschnittskarte). Die feinen Ziselierungen des Nebels sind wirklich sehr schön anzusehen, und es braucht gar kein großes Teleskop; ... nur halt einen OII oder UHC.


    Dazwischen, nördlich von 52 Cyg findet man dann noch den kleineren, dreieckigen Nebebelfetzen des „Pickering’s Visp“ (NGC 6979 = „3“ auf der Ausschnittskarte). Mit einem sehr großen Teleskop kann man auch im Südwesten noch sehr schwache Nebelteile sehen, sodaß der Ring fast komplett wird. Leider bekommt man aber - visuell - den ganzen Ring allenfalls mit einem „Richfielder“ in’s Gesichtsfeld, ich habe das aber noch nie gesehen.


    Weiter nördlich finden sich mit NGC 7000 und IC 5070, die „bloßes Auge“- oder „Fernglas“-Objekte des Nordamerika- und des Pelikannebels.


    Die beiden offenen Sternhaufen M 29 und M 39 sind trotz ihrer Messier-Nummern eher enttäuschend.


    Schöne offene Sternhaufen (konzentriert) sind dagegen NGC 6819 und NGC 7044.


    NGC 6826 ist der „Blinking Planetary“, der so genannt wird, weil man durch Wechsel zwischen direktem Betrachten des Zentralsterns mit den Zapfen (im Zentrum des Auges) und indirektem Betrachten des Nebels (bewußtes „Knapp-daneben-Sehen“) mit den Stäbchen am Rande des Auges, einen Blink-Effekt erzielt.


    Auch die drei anderen, rosa gekennzeichneten planetarischen Nebel sind interessant:

    Fehlt noch das Zentrum des Schwans. Für NGC 6888, den „Crescent“-Nebel (ein Wolf-Rayet-Emissionsnebel) braucht man wieder unbedingt den O III.


    Auf einer Ost-West-Linie mit dem Crescent-Nebel liegt noch der - eigentlich uninteressante - offene Sternhaufen Basel 6, der kaum vom Milchstraßenhintergrund zu unterscheiden ist.


    Ich erwähne ihn nur deshalb weil sich wiederum direkt westlich von Basel 6, ein wenig bekannter, sehr schöner „Asterism“ anschließt: der aus ca. 10 Doppelsternen bestehende „Fairy-Ring“ mit einem Durchmesser von ungefähr 1 Grad am Himmel: https://rogerivester.com/2015/…nd-the-cygnus-fairy-ring/ Der Doppelstern h 1470 aus dem (John) Herschel Katalog ist teil des Fairy-Rings.


    Weil der Ausgangspunkt, der offene Sternhaufen Basel 6, so schwer von der Milchstraße zu unterscheiden ist (http://micromegas.over-blog.co…on-du-cygne-52370876.html),hier noch seine Koordinaten:

    Basel 6 20h 6m 48.0s 38° 21' 0.0" 3.5’


    Und schließlich: den immer wieder schönen Doppelstern ß Cyg („Albireo“) nicht vergessen, wenn ihr in der Gegend seid.


    2. Kleiner Fuchs, Pfeil, Delphin und Kleines Pferd




    Südlich des Schwans findet man gleich vier Mini-Sternbilder, die - außer dem markanten Delphin - alle neueren Datums sind.


    Fuchs:


    Beginnen mit etwas dem Leichtesten: das Fernglasobjekt des auf dem Kopf stehenden „Kleiderbügels“ heißt offiziell Collinder 366.


    Aber der berühmte „Hantel-Nebel“ (M 27) ist auch nicht viel schwieriger. Er liegt ganz nahe beim Stern 14 Vulpeculae. Man muß nur vom sich direkt südlich an das Füchslein anschließenden Sternbild Pfeil aus, die Pfeilspitze um einen Stern zum Stern η Sge verlängern (!) und dort ganz exakt im 90° Winkel abbiegen in Richtung auf den Stern 14 Vul (blaue Linie auf der Karte). Achtung: wenn Ihr Euch mit dem Winkel verschätzt und auf 70° oder 110° abbiegt, kommt ihr entweder zum Stern 12 Vul (dasselbe geschieht übrigens wenn man von γ Sge - und nicht von η Sge - 90° abbiegt) oder zu 17 Vul. Dann sucht man sich dumm und dämlich nach dem Nebel.


    Ich habe deshalb die beiden (falschen) Sterne auf der Karte mal durchgestrichen... Hat man aber den Stern 14 erwischt, springt M 27 - auch ohne Filter - sofort in’s Auge.


    NGC 6940 ist ein sehr schöner offener Sternhaufen, den aufzusuchen sich wirklich lohnt.


    NGC 6827 ist auch sehr konzentriert, aber ziemlich schwach.


    Pfeil:



    M 71 ist hell und einfach zu finden. Es handelt sich um einen sehr lockeren Kugelsternhaufen, wirklich an der Grenze zum offenen Sternhaufen. Hoch vergrößern !


    Harvard 20 kann man mitnehmen, ist aber wenig interessant, da er aus nur wenigen Sternen besteht, die sich zudem schlecht vom Milchstraßen-Hintergrund abheben.



    Delphin:


    NGC 6905 („Blue Flash“-Nebel) ist ein schöner, für mich grünlicher, planetarischer Nebel. Wo der „blue flash“ sein soll, ist mir ehrlich gesagt nicht ganz klar.


    Die beiden weit entfernten, und daher nicht in Einzelsterne auflösbaren, Kugelsternhaufen NGC 6934 und NGC 7006 hatte ich in den Aufsuchkarten vom letzten September schon mal angesprochen.


    Ungefähr 1.5 Grad östlich von NGC 7006 befindet sich noch ein schöner „Asterism“, der von den Franzosen „amas du Champignon“ (Champignon-Haufen) genannt wird und der auch die Bezeichnung „French 1“ (nach der Amerikanerin Sue French !) trägt (auf der Karte durch ein „C“ im roten Kreis gekennzeichet).


    Am Fuß des (auf dem Kopf stehenden) Pilzes befindet sich noch die kleine schwache Galaxie (NGC 7025:( http://www.deepsky-visuell.de/Zeichnungen/NGC7025.htm



    NGC 7042, eine Galaxie, auf die man von „oben“ draufschaut, hat 12.0 mag.



    Kleines Pferd:


    γ Equ ist ein Mehrfachstern, bestehend unter anderem aus einem weiten Paar (A-D) und einem engen Paar (A-B), welches ein Teleskop-Auflösungstester ist. Die Komponenten A und B haben sehr unterschiedliche Helligkeiten 4.8 mag und 11.6 mag bei einem Abstand von 1.9 Bogensekunden.


    Die Galaxie NGC 7015 ist klein und schwierig, 12.5 mag.


    Die auf der Karte sichtbaren Deep-Sky Objekte im Adler behandele ich auf der nächsten Karte.




    3. Adler und Schild



    Der Adler ist - für mich - ein seltsames Sternbild; es gibt mir Rätsel auf. Er wird immer mit dem Kopf beim Stern α (Altair) dargestellt, auch auf alten Zeichnungen., wie hier von Bode:https://de.wikipedia.org/wiki/…#/media/File:Aql_bode.jpg


    Darunter befand sich früher noch ein Sternbild Antinous, welches Anfang des 19. Jahrhunderts abgeschafft wurde, siehe: https://de.wikipedia.org/wiki/Antinoos_(Sternbild)


    Das würde heißen, daß der südliche Teil des Adlers früher (oder eher zeitweise, d.h. irgendwann zwischen Antike und heute ?) gar nicht zum Adler gehörte. Der Adler müßte somit als in West-Ost (und nicht in Süd-Nord) Richtung fliegend angesehen worden sein ??? ... Aber auch das erscheint mir sehr seltsam und unlogisch, wegen der der doch sehr klaren, durch die hellen Sterne vorgegebenen, Formen des Sternbildes.


    Was ich besonders komisch finde, sind die 3 Sterne (neben α, noch β und γ), die den Kopf des Adlers repräsentieren sollen. ... Wieso hat der Adler so einen breiten Kopf ? ...(Der ist doch kein „Breitmaulfrosch“ !).


    ... Also mir sieht das Ganze eher nach dem hinteren Ende des Schwanzes eines Raubvogels aus (so wie der bei der Gabelweihe). ... ...


    Und daß der Kopf nicht immer bei α eine Sternbildes sein muß, sieht man ja z.B. auch beim Sternbild Schwan, wo ß (Albireo) den Kopf des Schwans darstellt. ... Und im übrigen scheint mir die Idee, daß der Kopf einer Menschen- oder Tiergruppe, das α-Tier, immer das „hellste“ Wesen mit dem meisten „Köpfchen“ sein sollte, sowieso eine vollkommen abwegige, wohl westliche, Erfindung.


    Also langer Rede, kurzer Sinn: ich habe den Adler oben auf meiner Karte mal umgekehrt herum dargestellt (und - zusätzlich zu den offiziellen - noch ein paar blaue Verbindungslinien eingezeichnet).


    Ich finde das paßt eigentlich sehr gut, neben dem passenden „Gabelweih“-Schwanz ist z.B. ist der Hals des Adlers sehr schön dargestellt und - wie in der Natur - gebogen, wenn man den Stern λ als den Kopf ansieht und den Stern 12 als den Schnabel. ...


    ... Und die Schildwolke wäre dann die Beute, die der Adler gerade macht.


    Naja, jeder hat halt so seine Ideen. .... Aber auf diese Weise wißt ihr wenigsten genau, wo die Schildwolke liegt. ... Also bitte helft die Schildwolke zu retten ! ... ... ... vor der Lichtverschmutzung .


    Hier mal ein Screenshot der Region (Adler und Schildwolke) im Negativ, erstellt mit Guide 9, wobei ich die schwächste Größenklasse bei den Sternen ausnahmsweise bis 15 mag hochgezogen habe, um den„Widerschein“ der Schildwolke (im Negativ) darzustellen.. Ich finde das entspricht dem echten Anblick am Hiummel am besten.



    Adler:


    NGC 6781 war eines der ersten „richtigen“ Deep-Sky Objekte, die ich - außerhalb der üblichen „Vorführ“-Objekte - schon vor Jahrzehnten beobachtet habe. Es ist sicherlich der schönste planetarische Nebel im Adler, der eine ganze Menge davon hat, wovon viele aber klein und schwach sind.


    NGC 6709 ist ein reicher und leuchtstarker offener Sternhaufen.


    Von dem doppelten Sternahufen NGC 6755 /56 ist letzterer der schönere.


    Der Kugelsternhaufen NGC 6760 ist offenbar weit entfernt und nicht auflösbar.


    IC 4756, ein Fernglasobjekt im Ophiuchus (75 Sterne), haben wir schon im letzten Monat behandelt.


    Den NGC 6535, einen sehr wenig konzentrierten, aber sehr schönen Kugelsternhaufen, der noch zu Schlange gehört, habe ich dagegen in der Mai-Ausgabe vergessen; dafür hier ein Hubble-Bild: https://scitechdaily.com/images/Hubble-Views-NGC-6535.jpg


    NGC 6814, die auch noch zum Adler gehört, ist eine sehr schöne Spirale mit 11.2 mag, die man „von oben“ sieht, die aber dennoch eine „helle“ Flâchenhelligkeit von 12.1 mag hat ! Das könnte ein Anreiz sein, sie mal zu beobachten (ich habe sie noch nicht gesehen).


    NGC 6818 und NGC 6822 befinden sich schon im Schützen, den ich mir für nächsten Monat vorgenommen habe.



    Schild:


    Die sehr helle Schildwolke fällt wirklich auf in der Milchstrasse. Man braucht sich da eigentlich keine Sternbildlinien für das schwache Sternbild Schild mehr einzuprägen.


    Wenn man die Schildwolke sieht, erkennt man auch sofort den wunderschönen „Wildenten“-Haufen M 11, mit bloßem Auge als Fleck zu sehen.


    M 26 ist eine Enttäuschung für ein Messier-Objekt.


    Dafür kann man den Kugelhaufen NGC 6712 zumindest in meinem 12-Zöller, jedenfalls teilweise auflösen. (Im Bildfeld befindet sich dann auch noch der schwache planetarischeNebel IC 1295).


    M 16 (auch schön) ist in der Schlange und schon in der Mai-Ausgabe beschrieben.


    Aber wenn ihr schon mal da seid, bleibt noch ein bißchen in der Schildwolke und schaut Euch mal um (zuerst mit dem Feldstecher), was es da alles sonst noch so gibt ! Z.B. Die Dunkelwolken direkt östlich von ß Scu, und vieles andere.



    Viel Spaß !

  • Hallo,


    wenn ihr mal wirklich (!) detaillierte Aufsuchskarten braucht:


    Ich bin beim Schreiben des obigen Beitrags auf einen kostenlosen Sternatlas getroffen (Pretty Deep Maps von Martin Meredith), der an Tiefe alles übertrifft, was ich bisher gesehen habe (z.B. 18 mag Sterne und 20 mag Galaxien):


    https://dl.dropboxusercontent.com/u/14005918/index.htm


    Allein das Mini-Sternbild Equuleus ist auf 10 pdf Karten aufgeteilt.


    (Nicht alles herunterladen, das macht keinen Sinn; ... aber wennn man mal ein bestimmtes Objekt einfach nicht findet, dann den Link parat zu haben, und die entsprechende Karte herunterladen, ist sicher eine gut Idee ! ;) ).


    Edit:


    Link geht nicht mehr, Erklärung hier; https://www.cloudynights.com/t…pretty-deep-maps-for-eaa/
    hier ist ein anderer: https://www.amazon.com/clouddrive/share/rPeOakPlJbjyMe64hF0TwngYysTiOUi6pFtOE3wVbIC?_encoding=UTF8&%2AVersion%2A=1&%2Aentries%2A=0&mgh=1



    Gruß