Photomak - Qualitäts-Kriterien ?

  • 10 inch GSO RC Wieviel Strehl braucht ein Astro-Objektiv ?
    10" GSO RC - Auflösung im Feld perfekt

    Photomak - Qualitäts-Kriterien ?

    INTES Micro - Moscow firmiert als Hersteller. Diese Systeme halten eigentlich, was sie versprechen, und doch ist
    dieses Zertifikat genaugenommen wertlos. Einen "orginalen" Eindruck macht der untere Stempel, der auf eine
    Fotokopie gedrückt wurde, mit Signatur, leider ohne Datum und leider auch ohne direkten Bezug zum opt.
    System. Es könnte also auch ein allgemeines Formblatt sein - dieser Zweifel läßt sich nicht ausräumen - und
    dann hätten wir noch eine RMS Angabe von 0.033, die sich aber auf einen Strehlwert von 0.9579 umrechnen läßt.
    Bleibt noch die letzte Frage, wann diese Messung gemacht worden ist: Vor dem Einbau in den Tubus, was sehr
    wahrscheinlich ist, oder eventuell erst hinterher, und da bestehen große Zweifel, wenn man die folgenden Ergebnisse
    betrachtet. RMS-Wert in Strehl-Wert umrechnen


    Ein fotografisch genutzes System muß mit anderen Kriterien beurteilt werden. Eine Strehlangabe auf der opt.
    Achse ist eher uninteressant, wenn die Abbildung bei Felddurchmesser bis 20 mm nicht stimmt. Aus diesem Grund
    gibt es die zahlreichen Feldkorrektoren, weil die Abbildung im Feld eine völlig andere Angelegenheit ist, und
    strehlmäßig so gut wie nie dargestellt wird, außer über Spotdiagramme. Genau aus diesem Grund bräuchte man
    eigentlich kein Zertifikat, das über das gesamte Bildfeld nichts aussagt, außer den kleinen Bereich um die opt. Achse.

    Der interessanteste Teil des folgenden Zertifikates ist deshalb das Interferogramm, egal wie verwaschen es ist, und die Schnittzeichung,
    die leider nicht maßstäblich ist, da der Sekundär-Spiegel sehr viel näher am Hauptspiegel sitzt, weshalb die Eingangs-Meniskus-Linse auch
    eine Bohrung braucht, damit man das System mit langen Schrauben-Drehern zentrieren kann. Zum Interferogramm sei noch bemerkt,
    daß die Streifen absolut gerade sind, was für die Sphärische Aberration sehr wichtig ist, bzw. das System perfekt korrigiert erscheint.
    Stellt man die Komponenten frei auf, wird man vermutlich die gleichen guten Ergebnisse bekommen.



    Die Vorderansicht zeigt die Meniskus-Linse mit dem Verschluß der Bohrung, durch die man das System zentrieren kann - als Grobzentrierung gewissermaßen.
    Recht im Tubus-Inneren, also weit hinten, der eigentliche Fangspiegel. Man tut gut daran, nicht ohne Not sowohl Hauptspiegel wie Fangspiegel zentrieren zu wollen.



    Der opt. Tubus ist so über Stellschrauben/Zentrierschrauben miteinander verbunden, daß im kürzeren Teil hinten der Hauptspiegel untergebracht ist, während im
    längeren vorderen Teil der Fangspiegel befestigt ist, und somit das System ein weiteres Mal zentrierbar, als eine Art Feinzentrierung des Systems. Wer hingegen
    das System zentrieren will, muß sich zunächst einen eigenen Adapter drehen, nachdem er den motorisierten Okular-Auszug abgenommen hat. Rechts im Bild
    der Verbindungs-Ring der beiden Tuben-Teile, die dort auch zentriert werden können, also eine Art Verkippung darstellt.



    Im Vergleich zum oberen Interferogramm weist dieses Streifen-Bild zart gekrümmte Bögen auf, die ein Hinweis für die Überkorrektur sind, verursacht über einen
    falschen HS-FS Abstand. Diese Überkorrektur ist der Hauptfehler und zieht für sich den Strehl auf 0.740 herunter bzw. um PV L/3.4. Für die Fotografie spielt das
    keine Rolle, weil bereits die Obstruktion die Lichtenergie kräftig in die Beugungsringe "schiebt" und durch eine sphärische Aberration dieser Effekt nur ein wenig
    verstärkt wird. Merken würde man das nur, wenn man die Scheibchen-Durchmesser nachmessen würde.
    Strehlwert und Obstruktion



    Deshalb ist gerade bei fotografischen Systemen eine Fehlerbetrachtung sehr sinnvoll. Die Überkorrektur drückt den Strehlwert am deutlichsten,
    gefolgt von Astigmatismus im Bereich PV L/6.1, während Koma als Zentrierfehler bei PV L/13.8 landet, und einen Strehl von 0.991 ergeben
    würde, wenn es keine anderen Fehler gäbe. Über die längere Belichtungszeit "verschmiert" das Seeing die punktförmige Abbildung. Swohl
    Überkorrektur wie Astigmatismus sind in ihrer Wirkung weniger gravierend wie eine ausgeprägte Koma, wie im Feld eines Newton-Systems.
    Insofern fallen diese Fehler für die Fotografie nicht besonders ins Gewicht.



    Die Point Spread Funktion zeigt die Energie-Verteilung in der 3D-Darstellung, der 1. Beugungs-Ring ist entsprechend "aufgeblasen",
    das Maximum entsprechend kleiner.



    Bereits dem Foucault-Bild sieht man die Überkorrektur an, wie auch der Wellenfront-Darstellung in der Mitte, und die bauchige Verformung intrafokal des
    Ronchibildes ist ein weiteres Indiz für diesen Fehler. Damit sind auch die Sternscheibchen-Bilder intra-extrafokal verschieden: In dieser Situation würde
    man extrafokal den Lichtring und intrafokal einen ausgefransten Rand erwarten, was prinzipiell so auch stimmt. Daß die Abbildung meiner 15µ großen
    Pinhole sehr deutlich bei Höchstvergrößerung ausfällt, wäre ebenfalls ein Hinweis auf die Abbildungs-Qualität auf der Achse - trotz Strehl = 0.674



    Nachdem wir hier aber ein Fotografisches System haben, ist die Abbildung im Feld vorrangig: Bis zu einem Durchmesser von 10 mm Durchmesser sollte die Abbildung
    perfekt sein, ab 15 mm nimmt die Vignettierung deutlich zum was man an meiner Aufnahme sieht, und bei 20 mm schränkt die Vignettierung die Abbildung erheblich ein:
    Der "Schatten" von links und rechts schränkt den opt. wirksamen Teil massiv ein. Dadurch sieht man mitunter auch Figuren auf dem Foto, die man mit einem
    opt. Fehler verwechseln kann.



    Fazit:
    * Das oberste Zertifikat gibt das Ergebnis vor dem Einbau der opt. Komponenten wieder.
    * Nach dem Einbau stimmen die Abstände nicht mehr, und damit auch der Strehlwert nicht.
    * Für die Fotografie ist dieser Sachverhalt unwichtig.
    * mit heutigen Astro-Kameras verglichen ist das Feld ziemlich klein

    Kommt aber diese Kamera in die richtigen Hände, dann entstehen solche wunderbaren Aufnahmen.







    Anm.: Der Text wird mehrere Male überarbeitet.

  • Hallo Wolfgang Rohr!

    Erstmal Danke für den interessanten und ausführlichen Bericht.

    Dass der Zettel mit dem Interferogramm eine hübsche Nummer bekommt, aber das Teleskop nicht, ist in der Tat etwas eigenartig.

    Sehr interessant finde ich auch den Versuch, die Vignettierung zu untersuchen. Viele Fotografen meinen, Randabschattung wäre fast egal - finde ich aber nicht. Wenn ich ein Photo-System in Betracht ziehe, will ich doch auch i.d.R. wissen, ob ich damit mein Bildfeld vernünftig ausleuchten kann (und natürlich, die Abbildung im Feld OK ist.) Deswegen finde ich Aussagen gut, wieviel Feld sinnvoll nutzbar ist.

    Theoretisch könnte man die Randabschattung auch über ein Flat messen, das man wiederum als Graphen darstellen könnte. Aber das ist wahrscheinlich um einiges aufwändiger... und man bräuchte vor allem einen riesengroßen CCD. Und der kostet bekanntlich Geld ;)

    Gruß

    notoxp

  • Hallo notoxp,

    das hatte ich übrigens bereits des öfteren, daß ein opt. Tubus ein wunderbares Zygo-Zertifikat als Begleitbrief
    besaß, nur nach dem Einbau sind offenbar die Teile nicht mehr dort, wo sie bei der Messung noch waren, und
    dann ist dieses Zertifikat Makulatur !

    die Vignettierung ist bereits ein meßtechnisches Problem bei diesen Systemen.
    Die Zentrierung funktioniert nur dann richtig, wenn man mit dem künstlichen Stern exakt auf der opt. Achse ist.
    Dazu ist dann ein Teilerwürfel notwendig, der aber einen Glasweg einführt und gegebenenfalls sphärische Aberration.

    Bei Interferogrammen muß man Interferometer wählen, die exakt auf der opt. Achse arbeiten, z.B. den Twyman-Green
    oder den Fizeau-Interferometer, wie ihn Ceravolo baut und vertreibt. Das hängt mit der Referenz-Welle zusammen, die
    beim Bath-Interferometer anders funktioniert, obwohl dieser wiederum den besten Kontrast abliefert.

    Relativ einfach läßt sich die Vignettierung prüfen, wenn man von hinten durch den Okular-Auszug auf eine weiße Fläche
    schaut, und dann nicht nur mittig sondern das ganze Feld absucht. Das muß man dann nur noch fotografieren.

    Natürlich läßt sich vor dem Planspiegel der opt. Tubus auch kontrolliert verkippen als weitere Möglichkeit. Für diesen Fall
    bekommt man auch Interferogramme und könnte sogar Strehlangaben machen. Das habe ich hier mal gemacht. Hier
    erkennt man die Vignettierung am Rand der jeweiligen Interferogramme. (hier der ganze Bericht)
    Für diesen Fall ist aber der künstliche Sternhimmel anschaulicher, weil er dem Spot-Diagramm näher kommt.

    Bei der Beurteilung von fotografischen Systemen ist also der Strehlwert nicht die wichtigste Information. Und wenn dann
    der Widerspruch zwischen IST und SOLL offenbar wird, dann müßte in manchen Fällen ein komplett neuer Tubus gebaut
    werden - das macht aber keiner.