Qualitäts-Kriterien an einem 12-Zöller
Zitat
"Die engen Epsilon-Lyrae Sterne lassen sich nicht trennen, statt dessen schaut es wie ein Igel aus. Auch als ich ein 2 mm
Okular kaufte, um noch höher zu vergrößern, war nur der 'Igel' größer. Bei Deep Sky Objekten hatte ich weniger Probleme."
Das waren die Gründe, warum dann so ein Spiegel bei mir landet, der mit L/8 PV certifiziert worden war. Bei einer solchen
Untersuchung geht es mindestens um zwei Bereiche, auf der einen Seite eine möglichst genaue, aber auch realistische
Bestands-Aufnahme über drei wesentliche Kriterien, der andere Bereich wäre die Frage, wieviel Qualität darf man für einen
vergleichsweise günstigen Preis eigentlich erwarten. Die zweite Frage ist noch schwerer zu beantworten als die erste - seit
es massenhafte China-Importe gibt. Die zweite Frage ist eine Frage der Mentalität und der Bereitschaft, für ordentliche
Qualität auch einen ordentlichen Preis zu zahlen. - Zuständig fühle ich mich trotzdem nur für den ersten Bereich.
Drei wesentliche Kriterien sind es, die einen guten Newton-Spiegel ausmachen:
- stimmt die Parabel-Retouche, ist also der Spiegel hauchzart (ca. L/4 PV wave) unterkorrigiert aus termischen Gründen? Hat er
--keine abfallende Kante, keine Zonen?
- ist der Spiegel frei von signifikantem Astigmatismus der Grundordnung Z4 und Z5, also kleiner als L/4 PV wave, den würde man
--nur schwer wahrnehmen am Himmel. (bestimmte Foren-Schreiber würden diesen Standpunkt nie akzeptieren)
- wie glatt ist die Fläche in der Feinstruktur und in ihrer "Landschaft"? (ein auch hier wichtiges Kriterium)
Um dem Astigmatismus auf die Spur zu kommen, wäre bei perfektem Fangspiegel und Justage des Newtons eigentlich nur der
Himmel selbst die ultimative Testmöglichkeit, ob man einen Astigmatismus feststellt. Und da nur große Firmen wie LZOS für diese
Zwecke einen senkrechten Vakuum Turm benutzen, steht in meinem Fall der Spiegel in seiner Halterung und besonders dünne Spiegel
zeigen dann den bekannten Lagerungs-Astigmatismus. Ebenfalls die Thermik zwischen Spiegel und Lichtquelle erzeugt über die
Luftbewegung dauernd ein Pendeln um den Null-Punkt, und das wäre dann das beste Ergebnis oder die Aussage: Dieser Spiegel hat
nur einen unbedeutenden oder keinen Astigmatismus. (Letzteres kommt nie vor)
Und genau im ROC = Krümmungsmittelpunkt von 2366 mm entstand dann dieses Foto meines künstlichen Sternhimmels, das man
mal mit diesem Bericht vergleichen sollte: BeobachtungsPraxis: Astigmatismus - wie groß darf er sein?
Hier wird auch gezeigt, wie Astigmatismus auf die Beugungs-Ringe wirkt. Überhaupt wahrnehmen wird man ohnehin nur den Astigma-
tismus Z4 / Z5 in dieser Übersicht: Der Zernike Zoo Astigmatismus höherer Ordnung läßt sich am Stern nicht erkennen.
Defokussiert man den Interferometer und nimmt die Verkippung (tilt) heraus, dann entstehen solche "ringförmigen" Interferogramme,
die die Frage nach dem Astigmatismus ziemlich gut beantworten können: Man kann ihn in seiner Größe besser einschätzen. Das beste
Ergebnis liegt also bei ca. L/7 PV wave und deshalb sollte man ihn vernachlässigen. Er wird also nicht ins Gewicht fallen.
Natürlich erstellt man auch die üblichen Interferogramme in RoC = Krümmungsmittelpunkt und kann sie dann mit OpenFringe oder
AtmosFringe auswerten: OpenFringe über die Fourier-Transformation , AtmosFringe über die Streifenauswertung. In der Regel wird
man am Himmel den Sterntest machen - ob man nun Suiter gelesen hat oder nicht. Und da sind es zwei Auffälligkeiten, die dieser
Test bereits deutlich zeigt. Die Scheibchen-Fläche sollte glatt und gleichmäßig eingefärbt sein und der Rand sollte extra- wie
intrafokal möglichst gleiches Aussehen haben. Der "Licht-Ring" extrafokal ist ein Hinweis auf Überkorrektur oder abfallende Kante,
was optisch das Gleiche ist. Dazu gehört dann intrafokal ein mehr oder weniger ausgefranster Rand. Der "Igel", wie ihn der Stern-
freund bei den Epsilon-Lyrae Sterne gesehen hat, erklärt sich aus der unruhigen Flächenstruktur, wie man sie bereits im Sterntest
wahrnimmt.
Eine andere Art der Darstellung zeigt sich auch beim Ronchi-Test. Die Streifen sollten schnurgerade verlaufen. In unserem Falle zeigen
sie ringförmige Zonen an und bestätigen den ersten Eindruck über den Sterntest.
und nun ein Interferogramm in RoC, das man gerne selbst auswerten kann, wobei man den Restastigmatismus abziehen sollte und
sich nur die sphärische Aberration betrachtet. (Es ist die Zurückrechnung auf Null bei conic constant = -1) D 297 R 2367. In diesem
Zusammenhang interessiert mich die Streuung der Ergebnisse durch OpenFringe bei ein und demselben IGramm.
Das Auswertprogramm AtmosFringe ergibt dieses Ergebnis und macht zugleich klar, daß dieser Spiegel mit Best fit conic constant
von - 1.031 bereits leicht überkorrigiert ist, was man dem RonchiBild ebenfalls ansieht - man muß nur genau hinsehen.
Etwas freundlicher fällt die Auswertung über OpenFringe aus, aber dort erkennt man in der 3D-Wellenfront-Darstellung deutliche
Zonen, die unser Auge im RoC-Interferogramm kaum wahrnimmt, wenn man nicht gerade den Ideal-Verlauf kennen würde.
Sehr viel klarer wird die Aussage, wenn man die Interferogramme in Autokollimation gegen einen Planspiegel untersucht. Die
"Wellenform" der Streifen sind ein deutlicher Hinweis auf Zonen, die man nun hier am deutlichsten sieht.
und hier ergäbe sich als reine Abweichung von der Ideal-Parabel ohne Astigmatismus ein hoher Strehlwert mit ca. L/6 PV wave
Überkorrektur, umgekehrt hätte es sein müssen, dann wäre es gut.
Dazu passend über OpenFringe die 3D-Wellenfront Deformation, an der man die Art der Überkorrektur erkennt.
Die bisherigen Schaubilder entstehen auf der Grundlage der Interferogramme, - deswegen sind sie nicht so exakt, wie z.B. der
Foucault- oder Lyot-(Rauhheits) Test. Der aber fällt sehr eindeutig aus. Er zeigt nicht nur die ringfömigen Zonen, sondern auch
die Narben oder "Pocken", die dieser Spiegel leider hat und bestätigt noch viel deutlicher die zuvor berechnete Flächenstruktur.
und wenn man dann das vorherige Bild mit dem Programm Image Analyser in eine 3D-Form bringt, dann zeigt diese überdimensio-
nierte Darstellung den Grund, warum der Sternfreund am Himmel Zit. "Igel" sieht. Im Sinne des Herstellers, des Händlers und des
Sternfreundes wird sich diese Situation sicher bald ändern lassen.
Zur Auswertung in RoC z.B. mit diesem Interferogramm muß folgende Anmerkung gemacht werden:
Auch diese Auswertung ist kein echter Null-Test. Ein Vorteil ist zwar, daß nur noch lagerungs-bedingter Astigmatismus und das Seeing
zwischen Optik und Lichtquelle in die Messung eingeht, der Nachteil dieses Verfahrens ist, daß die Meßwellenlänge richtig, der opt.
wirksame Durchmesser mit einer Toleranz von 0.5 mm und der KrümmungsRadius mit 1 mm genau eingeben werden müssen, ebenso
muß bei der Auswertung selbst der Rand scharf begrenzt sein, das IGramm im übrigen exakt rund, und der im AuswertProgramm
gezeichnete Umkreis exakt auf den Rand des IGrammes fallen. Bereits eine Differenz von nur einem Pixel bei einer Bildgröße von
1600 x 1600 Pixel läßt den Strehlwert bereits um bis zu 2%-Strehl-Punkte springen.
In meinem Fall springt das Ergebnis auch von 0.926 Strehl (conische constante -1 / PV L/4.2) auf Strehl 0.975 (best fit conic -1.031 /
PV L/7.4). Und damit wären wir fast in der Nähe des certifizierten Strehl-Ergebnisses.
Nur ist der Spiegel tatsächlich aber überkorrigiert, was sich wirklich nur noch am Himmel oder gegen einen guten Planspiegel mit
eindeutiger Sicherheit klären läßt. In allen übrigen Merkmalen gleicht sich meine Auswertung mit denen des Zertifikates, das ich
erst nach meiner Untersuchung bekam: Man sieht diesem Zertifikat bereits die rauhe Oberfläche an - wenn es denn von allen
Beteiligten genau betrachtet worden wäre. ____