Hallo aus Berlin,

  • mein Name ist Gerald, ich bin ganz neu hier und (noch) relativ ahnungslos, - bislang weit mehr von Faszination für das Thema als von Fachwissen geleitet. Meine Möglichkeiten der Beobachtung sind aus dem inneren Berlin heraus wohl auch beschränkt; immerhin kann ich eine Dachterasse nutzen :)


    Relativ spontan hatte ich vor einiger Zeit folgendes Teleskop gekauft:

    "Code 552 / D=60mm, F=910mm / Achromatic coated lens / Fabrique in Japan"

    (mehr Information ist nicht verfügbar, ausser dem Emblem; ein "Z" in einer Raute).


    Nach eigener Recherche handelt es sich anscheinend um ein Modell des Herstellers "Kenko", das Mitte der 60er Jahre durch Foto Quelle (Revue) vertrieben wurde. Ich habe noch einige zusätzliche Linsen und Filter dazu erworben und einen Sonnenfilter gebastelt.


    Nach anfänglicher und zugegeben bislang amateurhafter Beschäftigung mit dem Thema ;) begreife ich ansatzweise die Qualität, aber auch die Beschränkungen dieses spezifischen Teleskops. Meine Überlegung geht derzeit dahin, es abzugeben und mir stattdessen ein lichtstärkeres Spiegelteleskop zuzulegen. Das hat allerdings noch keine besondere Eile.


    Ich würde mich über jeden wohlmeinenden Rat und/oder hilfreichen Kommentar freuen!


    Gerald

  • Hallo Gerald,


    willkommen im Forum!

    Ein Teleskop mit ähnlichen Daten aber jüngeren Baujahrs fand ich vor einiger Zeit - ich traue es mich gar nicht zu sagen - im Altmetallcontainer. Der Vorbesitzer hatte anscheinend überhaupt keine Verwendung mehr dafür. Ein erster Test am nächsten Strommast zeigte, dass die Optik ganz brauchbar ist. So richtig Zeit fand ich dafür noch nicht. Homeoffice ist ganz schon zeitraubend.

    Ich stand wie du vor einigen Jahren mit einem kleinen Teleskop in der Hand und der Frage "was kann ich damit machen, und was kommt danach?".

    Vor dem Neukauf sollte man sich die Zeit nehmen und überlegen was man eigentlich beobachten möchte.
    Planeten und Mond oder eher was außerhalb unseres Sonnensystems? Doppelsterne trennen? "Surfen" durch die Milchstraße?

    Mal muß man hoch vergrößern um Details zu sehen, mal viel Licht sammeln um überhaupt was zu sehen.


    Ich bin bei Newton-Spiegelteleskopen gelandet, weil mir der seitliche Einblick sehr angenehm war, nach meinem "Abenteuer" mit meinem 60/600 "fast 100% Plastik" Linse-Teleskop (Ja, Linseteleskop, denn es hatte nur eine einzige Linse). Das Ding zeigte noch nicht mal was am Mond. Es war ein Spielzeug, das muß man so hart sagen. Es war ein Fehlkauf, aber ein Fehlkauf für nur 10 Euro.

    Ein 114/900 Newton auf parallaktischer Montierung und Motor zeigte mir schöne Details an den hellen Planeten und am Mond, allerdings erst nachdem ich ihn im Innern mit diversen Umbauten Nachtschwarz gemacht hatte und auch die klapprigen Alubeine durch Holz ersetzt hatte.
    Mit einem 76/700 Newton (auch bekannt als "Tchiboskop") wagte ich den ersten Selbstbau einer Montierung, einer Dobson-Montierung. Seither brauche ich

    keine paralaktische Montierung mehr. Hinschieben oder Ziehen bis es passt, loslassen, beobachten. Kein Einnorden, kein Justieren. Beoachten ohne Ballast.


    Richtig schön wurde es aber erst als ich mir die nächste Größe zulegte, ein 150/750 Newton. Ich hab erst gar keine Montierung dazu gekauft sondern die Dobson-Montierung gleich selbst gebaut aus Holz. Als Sucher gab es einen "Rigel Quickfinder" dazu in Kombination mit dem Deepsky Reiseatlas.
    Seither ist das Tor zu den Sternen zumindest ein Stückchen offen. Mit 200/1200 wurde es nochmals besser, aber da meldete sich schon mein Rücken.

    Mit einem sehr leichten 200mm Reise-Dobson bin ich jetzt glücklich, wenn nur der Himmel mal die Tore öffnen würde.


    In vielen älteren Forenbeiträgen wird das "Lidl-Teleskop" durch die Bank empfohlen. Das ist ein parallaktisch montiertes 70/700 Linsenteleskop (Fraunhofer Optik). Ich hab mir eins zugelegt, und es hat mich nicht überzeugt. Lidlskop, 76er Newton und 114er Newton spielen für mich in der gleichen Liga. An dunklen Standorten, mit 2 Jahrzehnten Seherfahrung und mit einem Okular das mehr kostet als das ganze Lidl-Teleskop mag das anders aussehen, aber ich persönlich habe mir mit meinen eigenen Augen meine eigene Meinung gebildet und die darf sich ja durchaus von anderen unterscheiden. Die Grundidee der Empfehlungsflut scheint zu sein, dass am Linsenteleskopen weniger gebastelt werden muß als an Newtons, die grunsätzlich mit dem Rotstift in der Hand entworfen scheinen. Ich sehe es als Problem und Chance zugleich. An einem Newton Telskop kann man wenigstens justieren, schwärzen usw. ohne es gleich zu schrotten.


    In Zeiten von Corona ist der allgemeine Tipp "Suche Gleichgesinnte und schau durch deren Teleskope" schwer umzusetzen. Aber Kontakt suchen ist ja erlaubt, und ein Forum ist ein Anfang. Leider ist Berlin ziemlich weit weg von mir. Aber wo so viele Menschen leben, muß es auch ein paar verrückte Sternengucker geben.


    Ein Hinweis, der gerne übersehen wird: Langfristig steckt das Geld im Zubehör, nicht im Teleskop. Die mitgelieferten Okulare werden durch bessere ersetzt, ein anderer Sucher montiert, Filter kommen zum Einsatz, es wird ein Astrostuhl gekauft, und noch ein paar Karten, eine stabilere Montierung,...

    Es gibt immer eine Schwachstelle die man gerne beseitigen möchte. Ein umfangreiches "Starterset" bringt dir deshalb nur kurzfristig etwas. Bald schon wirst du anfangen einzelne Teile zu ersetzen. Lieber mit wenig in brauchbarer Qualität anfangen.


    Neben dem "was möchte ich beobachten" ist das "wie" entscheidend. Wie kommst du dorthin wo du beobachtest? Wie kommt das Teleskop dorthin, wo wird es sonst gelagert, wie oft musst du zwischen Fahrzeug und Beobachtungsplatz hin- und herlaufen bis alles bereit ist? Wieviel Zeit hast du für alles eingeplant, wieviel davon bleibt dir für deine Beobachtung? Vergiss das Abbauen nicht, wenn du so richtig müde bist...


    Ich habe hier in 2-3km Entfernung ein dunkles Fleckchen, das ich mit dem Fahrrad gut erreichen kann. Mein Reiseteleskop wiegt inklusive Sucher, zweier Okulare und seiner Verpackung die gleichzeitig Montierung ist rund 8kg, und ist verpackt so handlich dass es als Handgepäck durchgeht. Mein Rücken freut sich. Andere haben ein "fettes" Teleskop im Wintergarten stehen, dass sie auf Rollen auf die Terasse ziehen können. So hat jeder seine Möglichkeiten genutzt. Mein 114/900 passte mit Stativ und allen in einen hohen Treckingrucksack und konnte so ebenfalls auf dem Fahrrad transportiert werden.


    Wenn du Fragen hast, dann frag ruhig. Ich kann aber nicht versprechen täglich zu antworten, hab ab morgen einiges um die Ohren. Günter (G2_Astro) hat einige Dutzend Tricks auf Lager um aus einem Einsteigerteleskop das Maximale rauszuholen, und auch einige meiner "Baumaßnahmen" habe ich in meiner Galerie dokumentiert.


    Ich wünsche dir klare Sicht

    Detlev

    "Das Universum ist nicht dazu verpflichtet für dich irgendeinen Sinn zu ergeben!" (N. D. Tyson)


    Bresser 10x50 | 150/750 Dobson | 70/700 Skylux Refraktor | 200/1000 Zollstock-Dobson
    Im Bastelkeller: 8"f/6 Spiegel | 76/700 "Tchiboskop"-Newton


    https://astronomiefreunde-kn.de/